Nach 2:36 h Spielzeit und einem 0:1-Satzrückstand steht Zverev doch noch im Viertelfinale der Hamburg Open. Grosser Respekt an Hugo Gaston, der dem Publikum mit seinen vielfältigen Schlägen und einem grossartigen Gefühl im Handgelenk einen ereignisreichen Abend geschenkt hat. Zverev hatte am Ende 43 Winner und 41 Unforced Errors auf dem Zettel, Gaston hingegen 29 Winner und nur 25 Unerzwungene Fehler. Insgesamt entschied der Deutsche 18 Punkte mehr für sich und hielt damit die Chance auf die Titelverteidigung am Leben.

Frenetisch klatscht das Publikum nach diesem Break und schenkt dem Deutschen zusätzliche Energie für das womöglich entscheidende Spiel. Zverev knallt den ersten Schmetterball mit dem Rücken zum Netz in die Absperrung, bekommt danach aber einen Vorhand-Fehler von Gaston zurück. Eine erneute Chance zum Schmetterball nutzt Zverev besser und erarbeitet sich damit zwei Match-Punkte. Einen besseren Zeitpunkt für ein Ass hätte sich der Weltranglisten-Vierte nicht aussuchen können. Ein gigantischer Freudenschrei schrillt daraufhin durch die Nacht.

Zverev erahnt früh den Lob-Versuch und springt im richtigen Moment hoch, um den Schmetterball als Antwort zu präsentieren. Die Erfahrung des Deutschen zahlt sich in dieser Phase aus und liefert ihm im Eil-Verfahren drei Break-Bälle. Es braucht alle drei, doch dann steht das erneute Break auf der Anzeigetafel.

Unter immensem Druck serviert Zverev wieder auch höchster Ebene und gibt Gaston nicht den Hauch einer Brise Break. Das hatte sich vor diesem Aufschlagspiel so nicht abgezeichnet.

Unerzwungene Fehler (5) meidet Gaston im dritten Satz mit höchster Konzentration. Zverev unterliefen davon im Entscheidungs-Satz bereits zehn. Nach einer gefühlten Ewigkeit gewinnt auch deshalb wieder der Aufschläger ein Spiel.

Zwei ungenaue Schläge, einer auf der Rückhand, der andere auf der Vorhand, setzen Zverev direkt unter Druck. Der dritte unerzwungene Fehler bietet Gaston die achte Break-Möglichkeit im Entscheidungs-Satz. Der Deutsche lässt in dieser kritischen Phase einen Schmetterball weit hinter die Grundlinie fliegen. Es heisst also erneut: Break!

Im dritten Satz hat Gaston (21) deutlich mehr Punkte von der Grundlinie gewonnen als Zverev (12). All diese Statistiken haben aber keinen Wert, wenn die entscheidenden Punkte nicht gewonnen werden. Zverev sucht in diesem Spiel die Flucht nach vorne, schenkt Gaston dieses Mal selbst einen Lob-Ball ein, kontrolliert die Ballwechsel und nutzt den ersten von drei Break-Bällen.

Der nächste Lob-Versuch findet aber wieder sein Ziel. Zverev kann den Ball nur noch unkontrolliert zurückschlagen und bekommt sofort die Kugel um die Ohren gepfeffert - Vorteil Gaston. Abschliessend lässt Zverev nochmal eine Rückhand-Cross ins Netz fliegen und kassiert folgerichtig das Break.

Unerwartet misslingt Zverev mehrfach der Schlag auf der Rückhand, sodass Gaston seinen sechsten Break-Ball in diesem Satz bekommt. Den versuchten Lob des Franzosen kontert Zverev aber mit einem erneuten Schmetterball.

Mit einem etwas unkonventionellem Vorhand-Slice, viel Schnitt in den Schlägen und einem echten Klassiker in diesem Match - dem Lob-Ball - marschiert Gaston souverän zum Spielgewinn.

Nach 15 Minuten hält Zverev dieser Marathon-Belastung stand, hat fünf Break-Bälle abgewehrt und sich für eine weitere Abbiegung Richtung Siegerstrasse entschieden.

Zverev lässt seinerseits einen aussichtsreichen Spiel-Ball liegen, indem er nahe am Netz einen Vorhand-Cross-Schlag ausserhalb des Feldes platziert. Der Deutsche bekommt vor dem nächsten Ball die zweite Zweit-Verwarnung bei eigenem Aufschlag und verliert dadurch den ersten Service. Er löst diese Aufgabe dennoch geschmeidig und verwandelt einen nicht ganz leichten Volley souverän.

Gaston lässt sich einfach nicht abwimmeln und bekommt nach einer längeren Rallye wieder einen Break-Ball. Den lässt der Franzose aber mit einer Vorhand hinter die Grundlinie liegen.

Gaston hat grosses Interesse daran, die Vorhand von Zverev zu attackieren. Ebenso will er den Titelverteidiger weiterhin so oft wie möglich ans Netz holen. Diese Taktik hat sich das gesamte Match schon ausgezahlt und ist auch in diesem Spiel eine hilfreiche Variante, mit der Gaston einen Break-Ball heraufbeschwört. Zverev verwandelt daraufhin seinen neunten Smash-Winner, geht wieder in Führung.

Die Fehler auf der Vorhand verhindern allerdings ein neuerliches Break des Deutschen. Gaston kommt nochmal mit einem blauen Auge davon.

Gaston hat noch genügend Nerven, um dieses Aufschlagspiel mit einem Ass durch die Mitte zu starten. Zverev prüft den Treffpunkt nochmal, findet aber kein Argument gegen den erfolgreichen Service. Es hält den Hamburger allerdings nicht davon ab, erneut auf das Break zu gehen. Seine Rückhand ist in dieser Phase herausragend und die Winkel die Zverev schlagen kann, sind einzigartig.

Zverev legt sofort nach, spielt ein kontrolliertes Service-Game und bekommt kaum eine Antwort des Franzosen. Der 23-Jährige verfehlt mehrere Rückschläge und holt keinen einzigen Punkt.

Das ist ein optimaler Start für Zverev in den entscheidenden Satz. Der Deutsche holt mit einem weichen Handgelenk beim letzten Volley das Break, nachdem Gaston zuvor erstmals einen Passierball hinter die Linie gefeuert hat.

Zverev spielt einen grossartigen zweiten Satz, gewinnt 31 von 52 gespielten Punkten und 20/28 Punkten bei erfolgreichem erstem Aufschlag. Trotzdem ist Gaston weiterhin gefährlich, vor allem wegen seiner Variabilität in den Schlägen.

Scheinbar hat sich der Franzose in diesem Satz noch nicht aufgegeben. Der 23-Jährige ringt Zverev zwei Break-Bälle ab, die der Deutsche aber jeweils abwehren kann. Nach seinem siebten Ass nutzt der Titelverteidiger dann doch den Satz-Ball.

Gaston zeigt zum Abschluss nochmal sein Gefühl für die Lob-Bälle. Zudem lässt der Deutsche einen Volley liegen, muss sich somit von einem 0:30 Rückstand zurückarbeiten.

Zverev findet in diesem Spiel nicht die länge in seiner Vorhand und schlägt den Ball mehrfach hinter die Grundlinie. Das sollte aber kein Problem bei diesem komfortablen Vorsprung sein.

Mit dem Break im Rücken spielt es sich jetzt deutlich leichter und Zverev zeigt kein Erbarmen mit seinem Kontrahenten. Er serviert bärenstark und verhindert längere Ballwechsel.

Das könnte die Vorentscheidung im zweiten Satz gewesen sein. Zverev arbeitet sich in dieses Returnspiel, während Gaston sich zum Abschluss einen Vorhand-Fehler erlaubt.

Selten konnte Zverev in diesem Match derart dominant servieren wie in diesem Spiel. Er lässt Gaston ohne Punktgewinn und einem Break Rückstand zurück.

Gaston ist ein Virtuose am Schläger und spielt technisch äusserst anspruchsvolles Tennis. Die Varianz seiner Schläge machen es Zverev schwer. Die Kombination aus Service und Drop-Shot des Franzosen sind eine gefährliche Waffe.

Gaston variiert seine Schläge, spielt mal bis an die Grundlinie und beim nächsten Schlag direkt hinters Netz. Zverev gerät ziemlich unter Druck, leitet diesen in der letzten Rallye aber erfolgreich an den Franzosen zurück und bestätigt doch noch das Break.

Ein Ass nach Aussen beruhigt das Gemüt des Deutschen genauso wie sein folgender Rückhand-Cross-Winner am Netz. Die Überlegenheit des Aufschlägers nimmt danach jedoch ab und Gaston bricht mit einem wiederholten Lob-Winner die Struktur in diesem Spiel. Energisch wehrt sich Zverev, haut einen Schmetterball mit voller Wucht zum Punktgewinn.

Zverev kanalisiert die aufgestaute Wut aus dem letzten Ballwechsel des ersten Satzes in Energie, sprintet in höchstem Tempo über das Feld und vergibt seine erste Break-Chance nur knapp. Das Publikum steht nun lautstark hinter dem Lokalmatadoren und peitscht Zverev zu einem neuerlichen Break-Punkt, den er dieses Mal verwandelt. Gaston schlägt die entscheidende Rückhand ins Netz, nicht darüber.

Unaufgeregt serviert Gaston zum Auftakt in den zweiten Durchgang ein Ass. Danach spielt er fast schon die klassische Kombination aus einem kurzen Ball ans Netz, gefolgt von einem erfolgreichen Lob über Zverev. Zwei weitere Versuche dieser Art scheitern jedoch, sodass dieses Spiel deutlich länger geht, als dem Franzosen lieb ist.

Nach minutenlangen Diskussionen hat Zverev die Situation akzeptiert und begibt sich zurück auf den Court. Es geht in den zweiten Satz.

Wütend diskutiert Zverev nach diesem letzten Ballwechsel mit der Schiedsrichterin. Abgesehen von diesem kritischen Punkt war der erste Satz eine Augenweide für die Zuschauer, die mehrere aufregende Ballwechsel gesehen haben. Unüblich für Zverev gewann der Deutsche nur 62 Prozent der Punkte bei erstem Aufschlag. Gaston ärgerte den Titelverteidiger mit viel Abwechslung in seinen Schlägen und einem Return-Rating von 171. Der Olympiasieger muss sich strecken, um dieses Match noch zu drehen.

Sein erster Doppelfehler im Match bringt Zverev in grösste Not und Gaston in die Position auf den Satzgewinn - zum dritten Mal in diesem Spiel. Ein wahnsinnig langer Ballwechsel ist die Krönung für Gaston, der einen Drop-Shot spielt, bei dem Zverev einen Doppelkontakt zum Boden gesehen haben will. Die Schiedsrichterin entscheidet, dass der Ball gut war und Gaston somit den Satz gewinnt.

Der Franzose lässt seiner Kreativität freien Lauf, spielt einen giftigen Vorhand-Slice kurz hinters Netz und kontert die folgende Antwort von Zverev mit einem Lob. Das Aufschlagspiel des Deutschen zieht sich in die Länge weil sein 23-jähriger Gegner einfach nicht locker lässt und wieder einen perfekt platzierten Passierball an die Ecke des Feldes schlägt.

Gaston verschiebt seine Return-Position immer weiter nach hinten und bringt Zverev damit zunächst ein wenig aus seinem Rhythmus. Der Titelverteidiger korrigiert die Richtung des Spiels kurzfristig mit zwei Assen exakt auf die Seitenlinie, lässt danach aber zwei Schläge knapp ausserhalb des Feldes fliegen, sodass er einen Satz-Ball abwehren muss

Gaston gewinnt ein Katz-und-Maus-Spiel am Netz und erhält beim nächsten Aufschlag keinen Return. Es ist die Grundlage für ein ruhiges Service-Game des Franzosen, welches er mit einem Ass nach Aussen wundervoll abschliesst.

Zverev spielt die Punkte von vorne weg und überlässt Gaston kaum die Leitung der Ballwechsel. Die Aufschlagquote des Deutschen ist mittlerweile bei 84 Prozent angekommen. Wieder gibt der Weltranglisten-Vierte keinen Punkt bei eigenem Aufschlag ab.

Es geht hin und her in diesem Spiel, doch keiner der beiden Akteure kann das Ruder entscheidend auf seine Seite ziehen, bis Zverev eine Vorhand hinter die Grundlinie schlägt und das Break dadurch futsch ist.

Lockt Gaston seinen deutschen Kontrahenten ans Netz, hat er damit bis jetzt in den meisten Fällen den Punkt in der Tasche. Aus der Ruhe lässt sich Zverev von diesen Fehlern nicht bringen, holt sich stattdessen mit einem  Rückhand-Cross-Winner den nächsten Break-Ball.

Der erste Aufschlag sitzt dieses Mal besser, ist ein Ass nach Aussen. Den zweiten Punkt holt sich Zverev mit einem Vorhand-Cross-Winner. Ein gutes Zeichen, ist die Vorhand doch meist der schwächste Part im Spiel des Titelverteidigers. Gaston kann den Service des Lokalmatadoren nur schwer lesen und muss ohne Punktgewinn auskommen.

Zverev hat sich in seiner Karriere noch keinen Namen als begnadeter Volleyspieler gemacht, das ist auch in diesem Spiel zu erkennen. Der liegen gelassene Punkt am Netz raubt dem Deutschen die Chance auf einen weiteren Break-Ball. Gaston schlägt in den beiden folgenden Ballwechseln einen Passierball und einen Vorhand-Volley mit extrem viel Slice, die Zverev beide nicht erreichen kann.

Der erste Aufschlag landet noch nicht immer im Feld, dafür aber die Rückhand des Deutschen, die ihm in dieser Frühphase gute Dienste leistet. Das Break kann der Titelverteidiger dennoch nicht bestätigen. Gaston spielt die Winkel clever und schnappt sich das verlorene Aufschlagspiel zurück.

Das Knie scheint Zverev bislang keine Probleme zu bereiten. Der Weltranglisten-Vierte bewegt sich gut über den roten Untergrund, holt sich den ersten Punkt mit einem Rückhand-Cross-Winner und kriegt den zweiten durch einen Gaston-Fehler quasi geschenkt. Der Deutsche dominiert dieses Spiel, haut den nächsten Rückhand-Winner aus seinem Schläger und darf sich an drei Break-Punkten versuchen. Den dritten Break-Ball verwandelt der Olympiasieger am Netz.

Gaston ist flink auf seinen Füssen unterwegs, läuft einen Schmetterball ab, steht beim zweiten Zverev-Versuch aber in der faöschen Ecke. Der Deutsche serviert fantastisch, gibt nur einen Punkt ab und gleicht aus.

Gaston ist ein kleiner, kompakter Spieler, der mit seiner Körpergrösse von 1,73 m auf einer völlig anderen Höhe unterwegs ist als Zverev. Der Linkshänder zeigt sofort in seinem ersten Aufschlagspiel, wie talentiert er mit dem Schläger in der Hand ist und verwandelt unter anderem einen schwierigen Volley nahe am Netz.

Mit einem Lächeln im Gesicht und unter grossem Applaus marschiert Alexander Zverev hinter Hugo Gaston auf den Court. Der Deutsche gewinnt den Münzwurf und entscheidet sich zum Auftakt für ein Return-Spiel.

Drei Matches wurden am heutigen Tage auf dem Centre Court in Hamburg ausgetragen - allesamt wurden diese vom Favoriten in zwei Sätzen glatt gewonnen. Zverev hat in gesundem Zustand gegen die Nummer 81 der Welt natürlich die besseren Karten auf den Einzug ins Viertelfinale, sollte sich aber konzentrieren. Hugo Gaston hat auf der Tour im Jahr 2024 zwar eine negative Siegesbilanz von 5-8 Siegen, konnte im Juni jedoch ein Challenger-Turnier in Lyon auf Sand gewinnen.

Sein lädiertes Knie hat Zverev bis zur letzten Sekunde über die Teilnahme an den Hamburg Open 2024 nachdenken lassen. Nachdem der Titelverteidiger schliesslich zur ersten Runde angetreten ist und diese souverän in zwei Sätzen gegen Jesper de Jong (6:2, 6:2) gewonnen hat, scheint die Titelverteidigung doch noch möglich. Fraglich ist nur, wie das angeschlagene Knie des Deutschen auf die Belastung am gestrigen Tag reagiert hat. Die Antwort gibt es heute im ersten Duell mit Hugo Gaston.

Herzlich willkommen zum letzten Match des Tages bei den Hamburg Open 2024. Lokalmatador Alexander Zverev bestreitet das übrig gebliebene Achtelfinale gegen Hugo Gaston. Geplant ist das Match für 18.30 Uhr.